Intuitiv haben viele es schon immer gespürt: Unser psychische Verfassung verändert sich über den Tag. Jetzt haben Forscher des University College London (UCL)* dies genauer untersucht, indem sie fast eine Million Antworten von 49.000 Menschen über einen Zeitraum von zwei Jahren auswerteten. Dabei zeigte sich ein klares Muster:

• Morgens sind Angst und depressive Verstimmungen am geringsten und unser Wohlbefinden am höchsten.
• Abends ist unsere Gemütsverfassung schlechter, denn im Laufe des Tages nimmt das psychische Wohlbefinden kontinuierlich ab. Der emotionale Tiefpunkt wird um Mitternacht erreicht.
• Interessanterweise fühlen wir uns auch an bestimmten Wochentagen besser: Montags und freitags berichten Menschen von höherer Zufriedenheit als an Sonntagen.
• Zudem beeinflussen Jahreszeiten unser Wohlbefinden – im Sommer ist es stabiler, während im Winter depressive Verstimmungen häufiger auftreten.

Die Erkenntnis: Unsere psychische Verfassung ist dynamisch und unser Wohlbefinden unterliegt Schwankungen. 

Ein wichtiger Faktor ist unser Cortisolspiegel, der morgens seinen Höchststand erreicht und im Laufe des Tages abfällt. Cortisol sorgt für Energie und Wachsamkeit – wenn der Pegel sinkt, fühlen wir uns müder und emotional angreifbarer.

Doch auch äußere Einflüsse spielen eine Rolle:

• Morgens liegt der Tag noch vor uns, wir sind noch nicht mit den Herausforderungen und Stressoren des Alltags konfrontiert.
• Bis zum Abend haben wir dann einiges an Belastungen erlebt, so z.B. durch Stress im Job, Konflikte in Beziehungen oder sind einfach nach einem langen Tag erschöpft. Fehlender sozialer Austausch kann zudem besonders nachts zu Einsamkeitsgefühlen führen.

Diese Erkenntnisse haben große praktische Relevanz für die eigene Leistungskraft und Lebenszufriedenheit. Wir wissen, dass unser Gemütszustand (Fachbegriff: "State of Mind") unsere Wahrnehmung, unser Denken, Fühlen und unser Handeln direkt beeinflusst. Sind wir "gut drauf" dann sind wir selbstbewusster, kreativer und handeln entschlossener. Sind wir "schlecht drauf" zweifeln wir an uns selbst, unser Antrieb sinkt und  selbst einfache Aufgaben überfordern uns schnell. Es empfiehlt sich daher:

• Wichtige Entscheidungen oder schwierige Gespräche besser auf den Vormittag legen.
• Abendliche Routinen etablieren, die Entspannung fördern und negative Gedankenspiralen vermeiden.
• Sich bewusst machen, dass emotionale Tiefpunkte normal sind – und vorübergehen.

Die Studie zeigt: Unser Wohlbefinden ist kein Zufall, sondern folgt einem natürlichen Rhythmus. Wer diesen versteht, kann ihn gezielt nutzen, um die vielen Herausforderungen im Beruf und im Leben deutlich leichter und besser zu meistern. 

* Studien-Quelle:
Feifei Bu, Jessica K Bone, Daisy Fancourt: Will things feel better in the morning? A time-of-day analysis of mental health and wellbeing from nearly 1 million observations, BMJ Ment Health 2025;28:e301418.
Bajrica, Anne: Morgens fühlt sich alles leichter an – Studie zeigt klare Muster im Wohlbefinden, Online-Artikel vom 6.Februar 2025 auf: https://smartup-news.de